Legale Waffen für den Selbstschutz
Um das Thema legale Waffen besser zu verstehen, müssen wir zunächst die Worte dekomponieren und uns erst einmal die Frage stellen, was überhaupt eine Waffe ist.
Ein Hammer beispielsweise ist ein Werkzeug und gilt nicht als Waffe. Man kann damit viel Sinnvolles tun. Dennoch kann dieser Gegenstand, brutal eingesetzt, so gefährlich wie eine Waffe sein. Oder nehmen wir als Beispiel Baseballschläger und Golfschläger. Es sind Sportgeräte und sie haben zunächst mit dem Waffengesetz nichts zu tun. Plant aber ein Täter, sie offensichtlich als Waffe einzusetzen, könnten sie den Bestimmungen für Hiebwaffen unterliegen. Prinzipiell ist eine Waffe jedoch ein Gegenstand, der dafür konzipiert wurde, Personen oder Tiere psychisch in der Handlungsfähigkeit zu beeinflussen oder zu stoppen sowie körperlich zu beeinträchtigen, zu schaden oder gar zu töten. Doch was bedeutet in diesem Zusammenhang "legal"?
Wer darf welche Waffen erwerben und mit sich führen?
Die Bezeichnungen legale Waffen oder freie Waffen sind leicht irreführend. Denn die Tatsache, dass eine Waffe legal oder frei verkäuflich ist, bedeutet nicht automatisch, dass sie jeder erwerben und gar überall mit sich führen darf.
Der Erwerb und Besitz einer Schreckschusspistole ist beispielsweise erst ab 18 Jahren erlaubt. Diese auf eine Veranstaltung mitzunehmen ist in der Regel ein Vergehen. Du verstößt damit gegen das Gesetz und musst mit einer Geldstrafe oder sogar im schlimmsten Falle mit einer geringeren Freiheitsstrafe rechnen. Ein Jäger dagegen darf eine erlaubnispflichtige Langwaffe erwerben, die sich im Extremfall kaum von der eines Scharfschützen unterscheidet. Es ist also keine illegale Waffe. Allerdings muss jeder, der ohne Bedürfnis, Sachkenntnis und Erlaubnis eine solche Waffe besitzt, sogar mit einer Freiheitsstrafe von 1 bis 5 Jahren rechnen. Ein illegaler Waffenbesitz ist kein Kavaliersdelikt.
Welche Selbstverteidigungswaffen darf ich einsetzen?
Du siehst also, das Thema ist komplex. Wer welche Waffen erwerben, besitzen oder gar führen darf, hängt von der Person sowie den Eigenschaften und dem Sinn der Waffe ab. Damit man mehr Klarheit in diesem Thema gewinnt, sollte man die irreführenden Begriffe legale Waffen oder freie Waffen erst einmal vergessen. Denn vermutlich willst du einfach wissen, welche Gegenstände du legal erwerben könntest, um dich notfalls damit zu verteidigen.
Was spricht gegen den Einsatz von Selbstverteidigungsgegenständen?
Um eines vorweg zu sagen: Wir empfehlen den Einsatz von Gegenständen zur Selbstverteidigung nur sehr bedingt. Egal, ob du eine erlaubnisfreie Waffe, wie etwa ein Reizstoffsprühgerät oder aber einen Kubotan oder Selbstverteidigungsregenschirm einsetzt. Denn all diese Gegenstände haben Nachteile, deren man sich bewusst sein sollte:
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Selbstverteidigungswaffen können die Illusion schaffen, sich gut damit schützen zu können.
Oft fehlt jedoch die Erfahrung im Umgang mit diesen Gegenständen. - Sie können teilweise einen zu hohen Schaden beim Täter verursachen, der im Sinne des Notwehrgesetzes nicht mehr zu rechtfertigen ist.
- Der Umgang damit muss geübt werden. Was bei weitem nicht jeder macht.
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Es kostet immer Zeit, diesen Gegenstand hervorzuholen und sich damit zu schützen.
Dies kann wirklich wichtige Handlungen, wie etwa raschen Abstand zum Gegner zu gewinnen, die eigene Positionierung in der Gefahrenlage etc. negativ beeinträchtigen. Die Personen sind oft zu fixiert auf den einzusetzenden Gegenstand. Wer etwa im Affekt und Stress ein Pfefferspray in der Jackentasche herausholt, kann schnell den schon kommenden Schlag des Gegners übersehen oder nicht mehr dementsprechend reagieren. -
Nicht jeder trägt diese Gegenstände auch wirklich immer mit sich.
Wer will schon im heißen Sommer bei exzellentem Wetter mit einem großen Selbstverteidigungsregenschirm durch die Gegend laufen. - Es besteht immer die Gefahr, dass der Gegner den Selbstverteidigungsgegenstand ergreifen kann und anschließend selbst einsetzt.
- Manche Gegenstände dürfen nicht überall hin mitgenommen werden.
Im Folgenden findet ihr eine Zusammenfassung einzelner Gegengenstände zur Selbstverteidigung.
Pfefferspray bzw. Reizstoffsprühgerät oder CS-Spray
Laut Gesetzgeber darf Pfefferspray, das als Tierabwehrspray gekennzeichnet ist, legal erworben werden. Es darf nur für die Abwehr von Tieren angewendet werden. Es gibt aber eine Ausnahme: Befindet man sich in einer echten Notwehrsituation und es gibt keinerlei anderes, geeigneteres Abwehrmittel, dann ist der Einsatz erlaubt. Wird das Pfefferspray gegen Menschen eingesetzt, ohne das eine Notwehrsituation vorliegt, wird dies in aller Regel als gefährliche Körperverletzung eingestuft. Zudem gibt es sogenannte CS-Sprays (Wirkstoff 2-Chlorbenzylidenmalonsäuredinitril), die für die Abwehr von Menschen konzipiert sind. Diese Reizstoffsprühgeräte benötigen unbedingt ein PTB-Zulassungszeichen und dürfen im Gegensatz zum Tierabwehrspray erst ab dem 14. Lebensjahr erworben werden. CS-Sprays sind in aller Regel weniger wirksam als Pfeffersprays.
Vorteile von Pfefferspray
- Den Umgang kann man relativ schnell erlernen
- Um es einfach auszudrücken: besser als nichts
- Bei erlerntem Umgang meist recht gute Wirkung - Klein, handlich, gut zum Mitnehmen
Nachteile von Pfefferspray
- Darf nicht überall mitgeführt werden, z.B. bei Veranstaltungen - Manche Angreifer sind immun dagegen
- Keine sehr hohe Reichweite
- Meist nur kurzer Einsatz möglich, circa 2-5 Sprühstöße
Verteidigungsregenschirm
Ein Verteidigungsregenschirm ist nichts anderes als ein getarnter Stock. Prinzipiell ist ein Stock als Selbstverteidigungswaffe wirkungsvoll. Aber: Man muss den Umgang schon sehr gut trainiert haben. Viel zu schnell löst man unangemessene und zu schwere Verletzungen aus. Zudem muss man körperlich recht fit sein. Ganz ehrlich, möchtest du kontinuierlich mit einem Regenschirm durch die Gegend laufen? Zudem wirken lange Regenschirme oldschool.
Selbst Menschen, die tatsächlich damit rumlaufen wollen, müssen über Geschwindigkeit und Kraft verfügen, damit ein stockähnlicher Gegenstand überhaupt seine Wirkung entfaltet.
Vorteile des Verteidigungsregenschirms:
- Hohe Wirkung bei geübtem Umgang
Nachteile des Verteidigungsregenschirms:
- Ein Gegenstand, den man nicht ständig bei sich führt, ist nur bedingt einsatzfähig
- Teilweise nicht leicht einsetzbar, z.B. in sehr beengten Räumlichkeiten wie Aufzug etc.
Kubotan, Tactical Pen, Taschenlampe
Ein Kubotan ist ein Gegenstand, der ungefähr die Ausmaße einer Zigarre hat. Das Material besteht meist aus Metall oder selten auch aus speziellem Kunststoff. Ein Kubotan ist kein verbotener Gegenstand und gilt nicht als Hieb- und Stoßwaffe. Er wird primär in der geschlossenen Faust gehalten. Das vordere und hintere Ende ragt dabei meist aus der Faust heraus.
Im Notfall verstärkt man die Wirkung der eigenen Schlagkraft, in dem man mit diesen Enden den Gegner attackiert. Manche Kubotans sind an den Enden zudem sehr spitz.Es gibt diese Kubotans auch in einer Art getarnter Variante in Form eines Kugelschreibers. Man spricht dabei gerne von einem Tactical Pen. Der Umgang muss sehr gut geübt werden.
Unsere Erfahrungen mit tausenden von Schülerinnen und Schülern, die wir in den letzten Jahren trainiert haben, haben immer wieder gezeigt, dass ungeübte Personen den Kubotan viel zu schnell überdimensioniert einsetzen, z.B. durch Attacken Richtung Gesicht. Diese Angriffe können lebensgefährlich für den Gegner sein.
Wer so handelt, ohne sich an eine Verhältnismäßigkeit im Sinne des Notwehrgesetzes zu halten, wird sich und andere in enorme Schwierigkeiten bringen.
Unsere Empfehlung zum Kubotan
Wird der Umgang mit einem Kubotan jedoch sorgfältig geübt, kann dieser in einer Notwehrsituation durchaus große Vorteile verschaffen. Wir empfehlen lieber den Kauf einer ähnlich kompakten und sehr hellen Taschenlampe. Damit lässt sich der Gegner zusätzlich blenden. Auch Pfeffersprays, deren Sprühkörper zusätzlich als Kubotan einsetzbar sind, sind sehr wirkungsvoll. Diese Gegenstände erfüllen eine Doppelfunktion.
Vorteile von Kubotan & Co.:
- hohe Wirkung
- leicht mitzuführen
Nachteile von Kubotan & Co.:
- der Umgang muss gut geübt werden
- schnelle Bewegungen und Grundfitness notwendig
Fazit:
Eine wie oben beschriebene Taschenlampe oder ein Pfefferspray, das gleichzeitig als Kubotan eingesetzt werden kann, sind unsere Favoriten.
Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen
Wer diese Waffen bei sich führen möchte, benötigt einen kleinen Waffenschein und muss mindestens 18 Jahre alt sein.
PTB-Zulassungszeichen
Die erworbenen Waffen müssen das PTB-Zulassungszeichen aufweisen. Auch wenn der kleine Waffenschein relativ leicht zu erwerben ist, gehen von Schreckschusspistolen dennoch hohe Gefahren aus. Was fast keiner vermutet: Selbst durch eine Schreckschusspistole können schwerste Verletzungen auftreten, die bis zum Tode führen können.
So wird bei einer Waffe dieser Art ein etwa 3000 Grad heißer Pulverdampf freigesetzt. Berührt die Waffe beim Abdrücken etwa den Brustkorb des Täters, können große Wunden und tiefe Löcher mit dem Durchmesser eines Golfballs im Hautgewebe des Angreifers auftreten. Richtet sich der explosive Druck durch den Pulverdampf Richtung Augen oder Gehör, kann der Täter erblinden oder schwerste Knalltraumata erleiden.
Schlecht kalkulierbare Gefahren
Die Gefahren, die bei dieser Art von Selbstschutz auftreten können, sind einfach zu hoch und zu wenig kalkulierbar. Gerade auch, weil so gut wie niemand den Umgang in Trainingsszenarien wirklich trainieren kann. Um es auf den Punkt zu bringen: Wir raten definitiv davon ab, denn eine Unverhältnismäßigkeit zwischen Angriff und Verteidigung ist schnell gegeben.
Vorteile von Schreckschusswaffen
- hohe Wirkung
- einschüchternd
Nachteile von Schreckschusswaffen
- unkalkulierbare Risiken
- mögliche schwere oder lebensbedrohliche Verletzungen
Elektroschocker
Elektroschocker dürfen von volljährigen Personen nur geführt werden, wenn diese über einen kleinen Waffenschein verfügen. Allerdings müssen die Geräte unbedingt über ein PTB-Prüfsiegel verfügen.
Nicht zu verwechseln sind diese Geräte mit den sogenannten Tasern, die von mehreren Metern Distanz über verschossene Projektile und Drähte Elektroimpulse an den Täter weiterleiten (Distanzelektroimpulsgeräte). Diese Taser sind verboten.
Lediglich Spezialeinheiten etc. dürfen diese Geräte verwenden. Ebenso verboten sind Elektroschocker, die z.B. als Taschenlampe getarnt sind.
Wirkung von Elektroschockern
Die Wirkung von Elektroschockern mit PTB-Prüfsiegel sind als mittelmäßig einzustufen.Zudem haben Sie den enormen Nachteil, dass man nahen Kontakt zum Täter haben muss.
Bei einem Kubotanstick brauchen wir zwar auch eine nahe Distanz, führen aber primär schnelle, schlagende Bewegungen aus. Bei einem Eletroschocker benötigen wir dagegen eine eher hinhaltende Bewegung und müssen gleichzeitig den Auslöseknopf drücken, was insgesamt mehr Zeit beansprucht.
Vorteile von Elektroschockern
- kaum zu finden
Nachteile von Elektroschockern
- für das Führen ist ein kleiner Waffenschein notwendig
- zu nahe Distanz zum Täter notwendig
- recht groß zum Mitführen
Fazit zum Thema "legale Waffen"
Viele der hier vorgestellten Selbstverteidigungsgeräte sind nicht gut genug geeignet, um sich damit effektiv verteidigen zu können. Wichtig ist in jedem Fall, dass der Umgang damit wirklich eingeübt werden muss. Ein seriöses Seminar, etwa für den Bereich Kubotan oder Pfefferspray, kann hier weiterhelfen.
Was ist mit den vielen anderen Waffen, die nicht erwähnt wurden?
Diese sind zur Selbstverteidigung noch viel ungeeigneter.
Nehmen wir zum Beispiel einen Teleskopschlagstock. Dieser darf zwar erworben, aber nicht in der Öffentlichkeit geführt werden. Anders verhält es sich mit bestimmten Messern. So darf man etwa ein Taschenmesser, bis auf bestimmte Ausnahmen, bei sich führen, ein Messer stellt jedoch prinzipiell für die Selbstverteidigung eine extrem hohe Gefahr dar. Wir raten dringend davon ab, ein Messer zur Selbstverteidigung bei sich zu haben. Verteidigungen mit einem Messer genau so einzusetzen, dass dies im Sinne des Notwehrgesetzes auch gerechtfertigt ist, ist für die meisten unmöglich. Hat der Täter ebenfalls ein Messer, sind in aller Regel schwerste Verletzungen auf beiden Seiten vorprogrammiert.
Viele glauben, dass ein gezogenes Messer die Täter abschreckt. Das ist häufig nicht der Fall und ein gefährlicher Irrglaube. Meist ist die Folge eine gefährliche Konfliktsituation für beide Seiten.